Drei Begriffe sollte man zuerst klären:
„Touristen sind Personen, die zu Orten außerhalb ihres gewöhnlichen Umfeldes reisen und sich dort für nicht mehr als ein Jahr aufhalten aus Freizeit- oder geschäftlichen Motiven, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden sind.“
– Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO)
Am 5.7.1841 veranstaltete die Firma Thomas Cook die erste Pauschalreise und legte damit den Grundstein für die unten beschriebenen Zustände.
In Deutschland wurden in Breslau und Berlin 1863 die ersten Reisebüros eröffnet.
Reisen war im 19. Jahrhundert nur Reichen und Adligen Vorbehalten, aber im Laufe der Zeit änderte sich das.
Mit zunehmender Anzahl von (sicherlich hart erkämpften) Urlaubstagen und die Verbesserung der Verkehrs-Infrastruktur und allgemeinen Anstieg des Wohlstandes, stieg die Reisetätigkeit allmählich an.
Zu den hier besprochenen Phänomenen kam es aber erst allmählich nach dem 2. Weltkrieg.
Zu Beginn der 1960er Jahre gab es in Deutschland etwa 220 Reiseveranstalter. Josef Neckermann erweiterte 1961 die Angebotspalette seines VersandhausesNeckermann Versand KG um „Urlaubsreisen für Jedermann“. Der erste Reisekatalog, eine sechsseitige Broschüre als Faltblatt, erschien 1963 als Beilage zu seinem Versandhauskatalog.
Aus Wikipdia
Wenn also „jedermann“ zu super-günstigen Preisen nach Spanien oder Jugoslawien reisen konnte, dann dauerte es nicht mehr lange, bis es zum Phänomen des Massentourismus kam:
Unter Massentourismus versteht man im Tourismus eine große Anzahl von Reisenden an einem bestimmten Reiseziel (Destination).
Aus Wikipedia
Die Haupturlaubsgruppen des Massentourismus sind Sonne- und Strandreisende sowie Winterurlauber, jedoch gibt es massentouristische Prägungen auch in anderen Urlaubsstilen. Abenteuer- und Entdeckerurlauber sowie Erholungs- und Gesundheitsurlauber meiden tendenziell massentouristisches Auftreten. In der Realität treten sie jedoch in gewissem Umfang dennoch in Erscheinung und erzeugen das temporäre Auftreten von Massen, wenn sie sich auf touristischen Pfaden und Routen bewegen (Wandertouren, Studienfahrten, Kreuzfahrten), welche an entsprechenden Knotenpunkten (Attraktionen und sonstige touristische Einrichtungen) aufeinandertreffen.
Aus Wendorff
Der Anteil der Pauschalreisen (i.e. Bündelung von z.B. Transport und Übernachtungen) stieg bis 2012 auf 42% aller Reisen an.
Der Begriff Overtourism ist relativ neu. Er wurde erst 2016 zum ersten Mal verwendet, als die Massentourismus Phänome auf Island beschrieben wurden.
Die UNWTO (united Nation World Travel Organisation) gibt (neben vielen anderen) diese Definition:
“the maximum number of people that may visit a tourist destination at the same time, without causing destruction of the physical, economic and sociocultural environment and an unacceptable decease in the quality of visitors satisfaction“
(Die maximale Menge von Menschen, die ein touristisches Ziel zur selben Zeit besuchen dürfen, ohne eine Zerstörung von physikalischen, ökonomischen und soziokulturellen Umgebungen und unakzeptablen Abfall der Zufriedenheit der Besucher)
D.H. wenn diese Zahl überschritten wird („Kippschwelle“) kommt es zu folgenden Faktoren:
- Physische Tragfähigkeitsgrenze (absolute Überfüllung)
- Direkte negative Effekte der Touristen (überlastete Infrastruktur, Lärm, Störung, Irritation)
- Indirekte Effekte (wie Strukturwandel im Dienstleistungsangebot durch Tourismus oder Nutzungskonkurrenz z. B. auf dem Wohnungsmarkt).
Aus Kagermeier, Erdmenger, 2019.
Um die absolute Überfüllung darzustellen, mag diese Graphik dienen:
Aus Kagermeier, 2019
Auf die einzelnen Destinationen werde ich noch eingehen.
Der zweite Punkt (direkte negative Effekte) ist von Ort zu Ort sehr unterschiedlich. In Asien z.B. spielen Umweltprobleme eine sehr große Rolle (z.B. die Grundwasserabsenkung bei Anchor Wat, Plastikmüll). Irritationen treten z.B. stark in Hallstadt (s.u.) auf.
Indirekte Effekte sind z.B. Verdrängung der „Ur-“einwohner aus Städten wegen Vermietung von Wohnungen an Touristen (z.B. Venedig s.u.)
Der Tourismus steht also um Spannungsfeld zwischen diesen drei Interessen:
Aus Kagermeier, 2019
DMO: Destinationsmanagementorganisation, also das Vorgehen und Planen vor Ort.
An vielen Destinationen kommen auch mehrere dieser Einflussfaktoren zum Tragen, wie wir im Folgenden noch sehen werden.