In (32) ist ein Interview mit Frau Hundertmark veröffentlicht, eine Apothekerin aus Bayern, die sich weigert homöopathische Mittel in ihrer Apotheke zu lagern und zu verkaufen, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind, zumindest was den Verkauf angeht. Also alles, was ein Arzt aufschreibt, muss die Apotheke auch verkaufen. Ein mit mir befreundeter Apotheker schrieb mir dazu:
Im Apothekengesetz wird den Apotheken vorgeschrieben, die Bevölkerung für einen gewissen Zeitraum mit Arzneimitteln beliefern zu können, um für Krisenzeiten die Versorgung sicherzustellen. Der Knackpunkt dabei ist der Arzneimittelbegriff im Zusammenhang mit Homöopathika. eine Apotheke muss keine homöopathischen Arzneimittel vorrätig haben. Bei unserer ausgefeilten Logistik mit Wiederbeschaffungszeiten von meistens unter zwei Stunden für beinahe jedes Präparat ist das auch gar nicht erforderlich. Erschwerend kommt hinzu, dass es im deutschen Markt ca. 80.000 solcher „Arzneimittel“ gibt (lt. aktueller Auskunft meiner Datenbank, die z.Z. insgesamt ca. 780.000 Präparate umfasst). Evtl. hält eine Apotheke aber für die Unbelehrbaren 10 Produkte aus Servicegründen vorrätig.
Frau Hundertmark wurde von vielen Seiten angegiftet hat aber auch schon einige Nachahmer (33).
Bevor ein Medikament in eine Apotheke oder Drogerie verkauft werden darf, muss es zugelassen sein. Dieser Zulassungsprozess ist sehr aufwendig und teuer und kann oft Jahre dauern, unzählige Studien und Doppelblindversuche sind dafür notwendig.
Die gesetzliche Grundlage dafür bildet das Arzneimittelgesetz von 1978. Bis dato musste ein Medikament lediglich registriert werden, und die „Erfahrungsmediziner“ liefen Sturm dagegen, Medikamente, die sie vielleicht schon seid Jahrzenten kannten, fielen bei der Zulassung durch…
Aber hier hat die Lobby der Homöopathen und anderer Vertreter der „besonderen Therapie“ einen Sieg errungen: für sie ist der Zulassung Prozess ausgesetzt, lediglich die Registrierung bleibt bestehen.
D.h. eine wissenschaftlich fundierte Zulassung entfällt für sie. Jetzt könnte man natürlich meinen, die Homöopathischen Mittel seien nicht wissenschaftlich geprüft und man griff zu einem Trick: dem Binnenkonsens (25):
Die Aufgabe der Kommission D (und der Kommissionen für die anderen besonderen Therapierichtungen) ist nicht etwa die Bewertung der Zulassungsanträge nach objektiven wissenschaftlichen Kriterien, wie dies für normale Pharmazeutika der Fall ist. Nein, dort wird im internen Kreis von „Fachleuten“, die über den „medizinischen Sachverstand der Therapierichtung“ verfügen, über die Zulassung und damit den Marktzugang von Homöopathika mit Indikationsangabe befunden. Unter sich. Im gemeinsamen Konsens. Nach Maßgabe persönlicher Wahrnehmung, Meinung oder „Erfahrung“, nach „interner Evidenz“ statt nach intersubjektiven, allgemeingültigen Kriterien. Diese Situation ist seit 1978 unverändert – auf der Homepage der Abteilung 4 des BfArM ist nach wie vor gar von einem „Wissenschaftspluralismus“ auf dem Gebiet der Arzneimitteltherapie die Rede, den die Gesetzgebung (vor 40 Jahren) ausdrücklich vorgesehen habe. Schon damals ein Anachronismus, dem nicht hätte gefolgt werden dürfen.
D.h. die Fachleute bestimmen „intern“ über die Zulassung eines homöopathischen Heilmittels, sie ziehen sich quasi selbst am Schopf aus dem Sumpf!
Ist es auch Wahnsinn…
Das Problem ist auch, wie beschrieben wird, wie ein homöopathisches Medikament angeblich wirken soll…Formulierungen wie „kann Ihnen zu gesundem Schlaf verhelfen“, dann dürfte es wohl als nur registriertes Mittel verkauft werden. Stünde auf der Packung: Schlafmittel, dann müsste der Zulassungsprozess durchlaufen werden, eine Horrorvorstellung für die Hersteller von Homöopathika.
Oder das schon erwähnte NaCl (Kochsalz) (26):
Das homöopathische Mittel Natrium chloratum wird aus Steinsalz gewonnen, welches in kochendem Wasser gelöst und anschließend gefiltert und verdunstet wird. Es kommt bei Menschen zum Einsatz, die durch langen andauernden Kummer körperliche Beschwerden entwickelt haben.
Typische Anwendungsgebiete sind Erkältungen oder Scheidenausfluss mit eiweißartigem Schleim, über den Augen sitzende Kopfschmerzen mit Sehstörungen, Zahnfleischentzündungen, Mundgeschwüre oder Hautveränderungen mit Warzen, Furunkeln, Schuppenflechte und Lippenherpes. Des Weiteren hilft Salz bei Verstopfungen und saurem Aufstoßen.
aus (26)
Ein wahres Wundermittel…
Man fragt sich allerdings verbissen, warum werden diese Mittel überhaupt in der Apotheke verkauft, sie könnten genauso gut in der Trinkhalle um die Ecke vertickt werden…Gut, bei den unteren Potenzen ist schon noch etwas vom der Urtinktur vorhanden, aber so ab D8 aufwärts kann man die Atome einzeln zählen, bis sie dann völlig weg sind.
Oder man stellt in der Apotheke einen großen Bottich Wasser auf und schreibt darauf: Homöopathisches Medikament (H2O:D12), ist universal einsetzbar, nach der genauen Wirkung wird aber noch geforscht, Einnahme auf eigene Gefahr! Bitte 120 x schütteln!
Der wichtigste Grund liegt wohl darin, dass der Verkauf der Mittel in der Apotheke diesen einen medizinischen Rahmen gibt und sie dadurch aufwertet.
Aber so einfach ist das leider nicht. Es geht wie so oft um Interessen, bzw. um Geld:
Die Homöopathische Pharmaindustrie will Geld verdienen. Also tut sie alles, damit das auch schön so weiter geht. Sie „berät“ Apotheken, „trifft sich“ mit Politikern und „informiert“ die Kranken.
Die Apotheken wollen Geld verdienen und verkaufen „Mittel“, von denen sie eigentlich wissen sollten, dass sie wirkungslos sind, und tuen das vielleicht nicht ganz so mit der inneren Überzeugung, aber sie tun es (s.o.). Wenn sie es nicht tun würden, laufen die Kunden zu nächsten Apotheke…der Umsatz an diesen Mittel liegt nach (27) etwa bei ca. 10 % des Gesamtumsatzes einer Apotheke, in einem hart umkämpften Markt.
Die Ärzte wollen Geld verdienen, für sie gilt ähnliches wie für die Apotheken.
Und die Kranken? Viele Homöopathika werden auf Grund von Tipps aus dem Freunden und Bekanntenkreis gekauft (ein Bekannter von meinem Schwager hatte sowas ähnliches…).