In einer erstaunlicherweise anonym 2019 veröffentlichten Bachelorarbeit ( https://www.diplomarbeiten24.de/document/510800 ) wird sehr ausführlich auf die Situation in Venedig eingegangen.
Die wunderschöne Lagunenstadt leidet bzw. litt auch extrem unter Overtourism. Die wichtigsten Punkte:
- AirBnB, Einwohnerschwund
Tausende von Wohnungen wurden in AirBnB Unterkünfte für Touristen umgewandelt. Es leben z.B. nur noch ca. 50.000 in der Altstadt (1957 waren es noch 160.000).
Da diese Häuser aber nicht durchgehend genutzt und gepflegt werden, verfallen viele. - Besuchermasse
30.000.000 Besucher im Jahr sprechen eine deutliche Sprache, an manchen Tagen kommen bis zu 120.000 Besucher, die meisten aber nur einige Stunden bleiben und vor allem Gondel fahren und Souveniers kaufen. - Infrastruktur
Die Infrastruktur (Lebensmittelläden, Fachgeschäfte, Kinos, Theater) für die Einheimischen ist mittlerweile völlig unzureichend geworden, zugunsten der Angebote für Touristen. - Kreuzfahrtschiffe
Allgemein bekannt ist das Problem, das die riesigen Kreuzfahrtschiffe durch die hohe Wasserverdrängung die auf Säulen gebaute Stadt allmählich stark schädigen, dazu kommt oft der Ausstoß von Abgasen durch die mit Schweröl betriebenen Motoren. - Tagestouristen
Die meisten Touristen werden von den riesigen Kreuzfahrschiffen ausgespuckt. Die Menschen geben in Venedig, abgesehen von Gondelfahrten, kaum Geld aus, die Preise in Cafes und Restaurants sind auch mittlerweile fast unerschwinglich geworden. D.h. diese Touristen verstopfen die Stadt, bringen aber vergleichbar wenig Einkünfte.
Jetzt in Corona-Zeiten wird erstmal deutlich, wie leer Venedig ist. Man kann noch nicht von einer „Ghost-Town“ sprechen, aber jetzt wird klar, dass die Stadt eben dem Tourismus gewidmet war. Unmengen Jobs sind jetzt weggefallen.
In 2019 hat man das auch schon erkannt und wollte eine Art Eintrittsgeld erheben, zunächst 3 €, steigerbar bis auf 10 €. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass dieser Betrag viele davon abhalten wird, die Lagunenstadt zu besuchen.
Die Mär vom Verlagern der riesigen Kreuzfahrtschiffe (siehe Artikel im Spiegel) geht zurück bis in das Jahr 2013 und geschehen ist: nichts.
Da gab es Pläne alternative Anlegestellen zu nutzen, es wurde sogar ein Kamerasystem installiert um die Touristen-Ströme zu lenken, aber Politik ist in Italien nun mal schwierig, nicht nur in Rom.
Jetzt in der Corona-Zeit hätte die Stadt Zeit, nachhaltige Planung für die Post-Corona Zeit vorzunehmen, ich habe aber die Befürchtung, dass es in 2 Jahren wieder genau so aussieht, wie 2018 mit geschätzten 30.000.000 Kreuzfahrern weltweit.